So gestalten Sie ein altersgerechtes BGM für die Zielgruppe 50+

Ältere Beschäftigte sind ein unverzichtbarer Stabilitätsanker für Unternehmen. Ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten, ist hinsichtlich des demografischen Wandels wichtiger denn je. Wir sehen uns die Zielgruppe genauer an und stellen konkrete Maßnahmen vor – von Ergonomie bis Financial Wellbeing. Eines ist klar: Die Förderung älterer Mitarbeitender ist eine lohnende Investition in Erfahrung und Know-how.

Das Wichtigste im Überblick

  • BGM für die Generation 50+ sichert angesichts des demografischen Wandels wertvolles Erfahrungswissen und erhält die betriebliche Stabilität.

 

  • Erfolgreiche Maßnahmen kombinieren Verhältnisprävention wie Ergonomie und flexible Arbeitszeiten mit einer Führungskultur, die Erfahrung wertschätzt.

 

  • Gezielte Gesundheitsförderung senkt die Kosten langer Fehlzeiten und stärkt die Ressourcen älterer Beschäftigter, statt vermeintliche Defizite zu verwalten.
Die Belegschaften in Unternehmen altern

Der demografische Wandel ist in Deutschland längst angekommen. Es gibt weniger junge Menschen und gleichzeitig mehr ältere Menschen – jede zweite Person in Deutschland ist heute älter als 45, jede fünfte Person älter als 66 Jahre.1 Zu den Gründen für den Wandel  gehört etwa die steigende Lebenserwartung durch bessere Lebensbedingungen und Medizin, aber auch die anhaltend niedrige Geburtenrate – seit dem Jahr 1972 sterben jedes Jahr mehr Menschen als geboren werden. Ohne Nettozuwanderung würde die Bevölkerung hierzulande seit Langem schrumpfen.2

Vor diesem Hintergrund altern auch die Belegschaften in den deutschen Unternehmen.3 Circa 7,8 Millionen Erwerbstätige waren im Jahr 2024 zwischen 55 und 65 Jahre alt. Das ist das fast jeder vierte Beschäftigte.4

Demografischer Wandel

7,8
Mio.
Erwerbstätige im Alter von 55 bis 65 Jahren. (2)
28
Tage
fielen 55-59-Jährige im Jahr 2023 im Schnitt aus.
Warum BGM für Beschäftigte 50+ unverzichtbar ist

Für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ist die demografische Entwicklung ein wichtiger Faktor, der frühzeitig zu berücksichtigen gilt. Schließlich steigt das Risiko für körperliche Gesundheitsbeschwerden ab Mitte der fünften Lebensdekade deutlich an. Im Hinblick darauf, dass Belegschaften zunehmend älter werden, werden künftig noch mehr Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen arbeiten.3

 

Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass Altern im Job Leistungsabfall bedeutet. Die Leistungsvoraussetzungen von Beschäftigten ändern sich – und damit die Bedürfnisse an Jobs und Arbeitsplätze. Für Unternehmen hat es viele Vorteile, das zu berücksichtigen und die Arbeitsfähigkeit und Motivation der Generation 50+ langfristig zu erhalten.

 

  • Wissenssicherung: Ältere Beschäftigte besitzen oft unersetzliches Erfahrungswissen und Firmen-Know-how.

 

  • Stabilität: Diese Altersgruppe zeichnet sich oft durch hohe Loyalität, soziale Kompetenz und Gelassenheit aus.

 

  • Kostenfaktor: Krankheitstage steigen im Alter oft nicht in der Häufigkeit, aber in der Dauer – Prävention spart hier also bares Geld.

Relevanz der Zielgruppe 50+

Ältere Beschäftigte besitzen oft unersetzliches Erfahrungswissen (Foto: Pexels)
Gesundheitszustand der Zielgruppe 50+

In der zweiten Lebenshälfte steigt das Risiko für Gesundheitsbeschwerden an. Mit steigendem Alter berichten Frauen wie Männer eine zunehmend eingeschränkte funktionale Gesundheit. Körperlich treten mit etwa vermehrt Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2, Adipositas, Muskel- und Skeletterkrankungen, Atemwegserkrankungen, Krebs und Demenzen auf. Vor allem in Berufen mit hoher körperlicher Belastung ist der höhere körperliche Verschleiß problematisch, der sich ab einem Alter von 40 Jahren negativ auf die Produktivität von Beschäftigten auswirkt.6 Zudem verschlechtert sich das Gehör bei Menschen ab 50 Jahren zunehmend, die Sehleistung nimmt schon ab dem 30. Lebensjahr ab.5

 

Auch psychische Erkrankungen wie Depressionen gewinnen an Bedeutung.2 Im mittleren Erwachsenenalter zwischen 40 und 60 Jahren sind Männer zudem häufiger einsam als Frauen.6 Chronische Erkrankungen und das gleichzeitige Auftreten mehrerer Erkrankungen nehmen zu. Das geht häufig mit einer eingeschränkten Lebensqualität, hohen Behandlungskosten und einem erhöhten Risiko für Pflegebedürftigkeit einher.2

Weniger, dafür längere Fehlzeiten

Zwar nimmt mit zunehmendem Alter die Zahl der Krankmeldungen ab, die Dauer der Arbeitsunfähigkeitsfälle dagegen steigt kontinuierlich an. Ältere Beschäftigte sind seltener krank, fallen aber in der Regel länger aus als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Diese fehlen häufiger, dafür aber kürzer.
Großes Ungleichgewicht bei BGF-Angeboten

Bisher sind BGF-Maßnahmen, die sich spezifisch an ältere Beschäftigte richten, noch selten. Tendenziell ist sogar das Gegenteil der Fall. Die lidA-Studie, die eine repräsentative Auswahl älterer Erwerbstätiger befragte, kam zu dem Schluss: Personen über 60 Jahre, Frauen, Menschen mit direkter Migrationserfahrung, manuell Arbeitende und Menschen mit schlechter Gesundheit erhalten seltener ein BGF-Angebot als andere Gruppen wie Männer, Jüngere, Personen ohne direkte Migrationserfahrung und jene mit guter Gesundheit.Auch Beschäftigte, die fachlich qualifizierte Tätigkeiten ausüben, ihre Arbeit von zu Hause aus verrichten, Vollzeit tätig sind und vorwiegend nicht-körperlich arbeiten, erhalten häufiger ein BGF-Angebot.3

BGM für Ü50: Analyse ist entscheidend

Daran zeigt sich: Ältere Beschäftigte sind keine homogene Gruppe, die man nach dem Gießkannenprinzip erreicht. Um Angebotsdefizite auszugleichen und Maßnahmen zielgerichtet umzusetzen, braucht es eine gründliche Bedarfsanalyse im Betrieb. Altersstrukturanalysen, die die Altersverteilung innerhalb der Belegschaft erfassen, können dabei mit Befragungen, Interviews und objektiven Kennzahlen kombiniert werden.

Analysetool: Later Life Workplace Index

Als konkretes Werkzeug hat sich der Later Life Workplace Index (LLWI) bewährt. Er macht förderliche betriebliche Arbeitsbedingungen und Human-Resource-Praktiken für ältere Beschäftigte messbar. Mit einem wissenschaftlich fundierten Fragebogen können Unternehmen interne Stärken und Schwächen identifizieren und Handlungsmaßnahmen zielgerichtet ableiten.

Befragungen helfen, die Bedürfnisse der Zielgruppe 50+ zu ermitteln (Foto: Sora Shimazaki)
BGM-Maßnahmen für Mitarbeitende 50+

Für Beschäftigte der Generation 50+ ist zum einen ein guter Mix aus Verhaltens- und Verhältnisprävention wichtig. Zum anderen sind aber auch Führungskräfte gefragt, die Bedürfnisse älterer Beschäftigter zu berücksichtigen.

 

 

Verhaltensprävention

 

  • Gesundheitskurse: Rückenfitness, Yoga, altersgerechte Fitnessübungen für Zuhause

 

  • Ernährungskurse für den veränderten Stoffwechsel ab dem 50. Lebensjahr

 

  • Regelmäßige Seh- und Hörtests vor Ort

 

  • Resilienz-Trainings: Zeitmanagement, Umgang mit Stress und Veränderungen 

 

  • Check-ups und Vorsorgeuntersuchungen direkt im Betrieb.

 

  • Regeneration & Schlaf: Förderung einer Schlafhygiene und eines gesunden Schlafverhaltens.

 

  • Achtsamkeit im Alltag: Videos für Mikromeditationen oder Tipps für Powernapping anbieten.

 

  • Aktive Pausen und gezielte Bewegungen am Schreibtisch fördern.

 

 

Verhältnisprävention

 

  • Ergonomie: Höhenverstellbare Tische, bessere Beleuchtung (der Lichtbedarf steigt im Alter drastisch) sowie Hebehilfen für manuelle Tätigkeiten anbieten; Wissen rund um rückenschonendes Arbeiten vermitteln.

 

  • Arbeitszeitmodelle: Flexible Arbeitszeitmodelle, flexible Pausengestaltung, Sabbaticals, Altersteilzeit, Reduzierung von Schichtarbeit oder Nachtschichten für ältere Beschäftigte.

 

  • Flexibilität: Homeoffice-Optionen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege von Angehörigen.

 

 

Führung & Unternehmenskultur

 

  • Wertschätzung: Ein Klima schaffen, in dem Erfahrung geschätzt wird. Dazu gehört unter anderem, über Altersdiskriminierung (Ageism) aufzuklären.

 

  • Lebenslanges Lernen: Fort- und Weiterbildungsangebote explizit auch an Ältere richten, nicht nur an junge Fachkräfte unter 30 Jahren.

 

  • Tandem-Modelle: Wissenstransfer zwischen Generationen organisieren. Junge Beschäftigte lernen von älteren und umgekehrt, etwa beim Thema Digitalisierung.

 

  • Altersgerechte Führung: Sensibilisierung von Führungskräften für die Bedarfe älterer Mitarbeitenden. Besonders mit Perspektivgesprächen unterstützen Führungskräfte ältere Beschäftigte dabei, ihre letzten Arbeitsjahre vor dem Ruhestand so zu gestalten, dass sie Motivation, Gesundheit und Wissen sichern. Die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) gibt Tipps, wie das Gespräch gelingt.
Foto: Unsplash

Handlungsfeld: Financial Wellbeing

Laut der Befragung im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) befürchten 45 Prozent der 30- bis 59-Jährigen, dass sie im Ruhestand finanziell schlecht aufgestellt sind. Finanzielle Sorgen können für Menschen eine große psychische Belastung darstellen. Wer Geldsorgen hat und Altersarmut fürchtet, ist auch im Hier und Jetzt gestresster und weniger produktiv.

 

International ist „Financial Wellbeing" seit einigen Jahren ein zentraler Schwerpunkt im BGM. Dahinter steckt. Lösungen zu ermitteln und umzusetzen, um den finanziellen Wohlstands der Belegschaft zu verbessern. Dazu gehört unter anderem, Beschäftigte verstärkt über Altersvorsorge, Benefits oder flexible Arbeitsmodelle für den Zuverdienst im Alter aufzuklären. In Deutschland, wo Unternehmen das physische und psychische Wellbeing in den Fokus rücken, fällt das Thema bisher noch in ihrer Priorität zurück.

Fazit: BGM 50+ ist eine Investition, keine Ausgabe.

Beschäftigte über 50 Jahre benötigen keine „Sonderbehandlung". Was sie brauchen, ist eine gezielte Unterstützung, die den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Lebensphase am besten entspricht. BGM und BGF sollten dabei nicht bei vermeintlichen Defizite des Alterns ansetzen. Stattdessen geht es darum, Stärken zu stärken – und Schwächen zu schwächen.

1
Destatis (2025): Demografischer Wandel
2
BMG (2025): Gesundheitsförderung und Prävention für ältere Menschen
3
Borchart & du Prel (2024): Gesundheitsförderung für Beschäftigte 50plus – Ergebnisse der lidA-Studie 2022/23
4
Tagesschau (2025): Anteil der älteren Beschäftigten so hoch wie nie
5
BMBFSFJ (2019): Frauen und Männer in der zweiten Lebenshälfte – Älterwerden im sozialen Wandel
6
Bahn BKK (2019): Ältere Mitarbeiter – gesund alt werden im Betrieb

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